Institut für
angewandte
Sozialwissenschaft
Forschungsfelder - Kultur
Kulturinstitutionen
Hier wird in verschiedenen Teilprojekten die Entwicklung und Funktion von Kulturinstitutionen untersucht. Von besonderem Interesse ist dabei der Zusammenhang zwischen Kulturpolitik, Struktur der Institutionen, Kulturschaffenden und ihrer Wirkung auf das Publikum. Dies wird exemplarisch am Bereich der Musik und ihrer Aufführung verfolgt. Dabei geht es zum einen um die Institutionen des Musiklebens, den sogenannten Musikbetrieb, zum anderen um die besondere Rolle der Reproduktion von Musik. Die Aufgaben und die Bedeutung der Musikinstitutionen sollen auch im Vergleich (Deutschland, Europa, USA, Japan) betrachtet werden.
Erkenntnisleitende Gesichtspunkte sind insbesondere: die Rolle des Dirigenten als „Leiter“ eines Ensembles und einer Aufführung; das Orchester als Modell für arbeitsteilige Kooperation und Teamwork; Musiker/innen als Professionals und Teamworker; Entwicklung des Konzertwesens; Entwicklung und Wandel des Konzertpublikums; Bedeutung der technischen Reproduktion und der allgemeinen Verfügbarkeit von Musik.
Ein Sonderthema ist das in jüngerer Zeit zu neuer Aufmerksamkeit gekommene Singen im Chor. Dieses Modell der Musikausübung verspricht in der Verbindung von kreativer Tätigkeit des Einzelnen und Ensemble-Arbeit ein individuelles wie gemeinschaftliches Erlebnis, eine Form der Freiheitserfahrung, dazu Gesundheitsförderung sowie Steigerung von Wohlgefühl.
In einem umfassenderen Sinn gilt das Interesse auch der musikalischen Bildung: von schulischer und außerschulischer Bildung über die Bedeutung musikalischer Bildung für die Persönlichkeit und Bildung überhaupt bis zu Fragestellungen der Psychologie und der Hirnforschung über die bildnerische Wirkung von Musik.
MUSIK UND POLITIK >
Zum politischen Charakter von Musik und Musikausübung: Interviews mit Experten zur Frage, wieweit Musik unmittelbar politisch sein kann. Welcher Begriff des Politischen liegt dem zugrunde? Wie wurden Musik und Musiker/innen ge- bzw. missbraucht in den großen totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts? Die Frage hat seit dem Ukraine-Krieg und dem „bashing“ russischer Musik, Literatur und Künstler/innen erneut aktuelle Bedeutung erhalten.
Kultur- und Wissensarchäologie am Beispiel der Musik >
- Zum einen wird Musik ja eigentlich erst „real“, indem sie zum Klingen gebracht wird. Sie bedarf, im Unterschied zu anderen Künsten, der Aufführung. Auf dem Papier notiert, bleibt sie abstrakt. Man muss sie entweder selbst aufführen oder in Aufführungen anderer erleben. Der Aufführung durch Musikliebhaber*innen sind angesichts der hohen Ansprüche der „klassischen“ Literatur Grenzen gesetzt.
- Zum anderen ist die Reproduktion von Musik – nicht nur der klassischen – ein zentraler Faktor des Musiklebens geworden. Mit der Erfindung der Übertragung (Rundfunk, später Fernsehen, dann Internet) und Aufzeichnung (Schellackplatte, LP, CD etc.) wird Musik ubiquitär verfügbar und erlebbar. Man kann sich praktisch jederzeit und überall ein bestimmtes Musikwerk besorgen und abspielen: komplett oder partiell. Diese technische Entwicklung hat Auswirkungen auf die Hörgewohnheiten des Publikums und auf die Musikausübung selbst. Der Markt ist fast wichtiger als der Konzertsaal.
- Exemplarisch lassen sich die Veränderungen im Musikleben an einem großen Orchester wie den Berliner Philharmonikern untersuchen. Dieses Orchester kam rasch zu internationaler Anerkennung, hatte eine starke Marktpräsenz und hat die Geschichte der Musikaufzeichnung von Anfang an entscheidend mitgeschrieben sowie technische Innovationen befördert. Hierzu liegen erste Vorstudien vor.